Never Got Tatooed, das Debüt der Wiesbadener Band scut, war geprägt von Überlagerungen. Gitarrenschichten, Gitarrenwände, dazu der Bass, das Schlagzeug. Immer mehr übereinander, immer größer. Beruhigende Melancholie schrieb Benny Rüss im Info und es stimmt: sich so im Klang einzupacken, hat etwas Beruhigendes. Ihr erinnert Euch, vor 15 Jahren, Shoegazing war das Wort und die große Lust am selbstvergessenen Schwelgen ergriff viele. Ride, Lush, Slowdive und, stilbildend, My Bloody Valentine waren die Bands, die man im LP-Regal haben musste. Doch keine Shoegaze-Exkurse an dieser Stelle, denn mit ihrem neuen Album (produziert von Ex- Readymade Zac Johnson) haben sich scut von der Vergangenheit emanzipiert, ohne sie samt und sonders zu entsorgen. Geblieben ist die Lust am Selbstvergessenen, die sich aber stärker als früher mit dem Wunsch vereinigt, etwas Klassisches zu schaffen. Und mit ein wenig Glück ist es dann passiert: Perfekte Popsongs haben sich auf die Suche nach scut begeben. Und haben sie, irgendwo in einem Studio in Mainz, auch gefunden. Dann haben scut die Tür abgeschlossen - und mussten nur noch aufnehmen. Der perfekte Popsong zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er immer wieder gehört werden will. Potenziell bis in alle Ewigkeit. Eigentlich erzählt er immer eine ähnliche Geschichte. Weil diese gleichermaßen universell ist (jeder kennt sie rund um den Globus) mag sie auch jeder immer wieder gerne hören: Es geht darum, wie es sich anfühlt, unverstanden zu sein. Aber auch, noch mehr als auf dem ersten scut-Album, wie es sich anfühlt, dann doch, endlich, verstanden zu werden. Wie es sich anfühlt, aus Ich ein Wir zu machen: I hope where we end up might be worthwhile. The hemisphere above us so high. Please just always go ahead. Dont leave me here with gravity instead. Scut-Texte, gesungen von Markus Losert und Regine Schröter (miteinander, dialogisch oder jeder für sich - ein in Deutschland ziemlich ungewöhnlicher Fall von Gesangsduo, die beiden) sind Pop-Texte par excellence. In dem Sinn, dass sie Gefühlslagen in zwei, drei Zeilen gießen, in Refrains komprimieren, die vielen beim Hören ins Herz pieksen werden. Über was auch immer sie singen, das Ergebnis ist strahlende, leuchtende Popmusik, die ihren Glanz ohne Reue ausstellt. So was macht man nicht mal so, so was braucht Zeit. Ein wenig Glück gehört allerdings auch dazu: Perfekte Popsongs suchen sich nicht jeden aus. Schnell die Türen zu! Die sollen hier drinnen bleiben! Dann ist alles gut. All is good and all is fine. All is good an all is fine. We should leave this world behind