Einst hatte Jackson Pollock das „Action Painting“ bekannt gemacht, er wurde zu einem der bedeutendsten Maler des 20. Jahrhunderts. Diese Kunstform betrachtet die Improvisation in der Malerei als zentrales Element. Oft wird Farbe nicht mit dem Pinsel aufgetragen, sondern zum Beispiel tropfenweise, manchmal direkt aus der Dose auf die Leinwand aufgebracht. Einfache Materialien und Techniken führten zu verblüffenden Ergebnissen. Trotzdem ist das keinesfalls Dilettantismus, sondern geschieht auf der Basis der umfassenden Kenntnis aller gegebenen Strukturen und Techniken. Aber begnügen sich eben nicht mit vorgegebenen Strukturen. Die „Action Suite“ des Pianisten Alon Nechushtan folgt ähnlichen Überlegungen: Auf der Basis der virtuosen Beherrschung des Musik-Instrumentariums und mit einer klaren Vorstellung dessen, was die in freier Improvisation entstehenden Musikstücke zum Ausdruck bringen sollen, entsteht eine Reihe von Preziosen – und diese wachsen in einem Gesamtkunstwerk zusammen. Freie Improvisation in diesem Sinne ist das Gegenteil von vorraussetzungslos. Im Gegenteil: Sie funktioniert erst dann, wenn jedes einzelne Mitglied der Band all sein Wissen, seine Erfahrungen und seine Fähigkeiten in ein gemeinsames und innerlich vernetztes Werk einbringt. Das macht die große Faszination von „Ritual Fire“ aus: Eine selten gewordene innere Übereinstimmung der Musiker, die freie Improvisationen für den Zuhörer als komponiert erscheinen lassen. Im Jahre 1974 wurde Alon Nechushtan in Rishon le Zion (nahe Tel Aviv) geboren. Bereits mit 6 Jahren erlernte er das Klavierspiel, mit 10 Jahren begann er, für Kammermusik-Ensembles zu komponieren. Das Privatstudium bei Slava Ganelin brachte ihn ebenso weiter wie das Hören der aktuellen Musik seiner Jugendzeit von Genesis bis Pink Floyd, das erwachende Interesse für Jazzpianisten – und natürlich das Studium der Kompositionen von Debussy bis Shostakovich. Während seines klassischen Kompositionsstudiums in Jerusalem spielte er auch in Jazz-Combos. 2003, nach dem Master, zog er endgültig in die USA, zunächst (auf Anraten von Between the Lines-Künstler Yitzhak Yedid) nach Boston, wo er bei Ran Blake, Paul Bley, Fred Hersch u.a. seine Studien fort setzte. Auch Bob Brookmeyer war ein Mentor, und er dirigierte zahlreiche Uraufführungen von Nechushtan´s Kompositionen. 2003 zog es ihn nach New York, und schon bald erschienen erste Aufnahmen, u.a. auf John Zorn´s Label Tzadik. Seither arbeitete er mit Musikern wie Marty Ehrlich, Frank London, Ned Rothenberg, Eliott Sharp, Mark Dresser und vielen anderen. Einen ganz besonderen Gast präsentiert Alon Nechushtan auf „Ritual Fire“: den 1932 in Südafrika geborenen Harold Rubin. Er lernte klassische Klarinette, aber schon als Jugendlichen zog es ihn zum Jazz, zunächst zur Musik von Duke Ellington und Count Basie, später Erik Dolphy und Tony Scott. Seine Band feierte erste Erfolge und spielte u.a. beim ersten Jazz Festival in Johannesburg. Wegen der Beschränkungen im Apartheid System wanderte er 1963 nach Israel aus. Dort arbeitete er erfolgreich in seinem Beruf als Architekt und Maler, engagierte sich in der Friedensbewegung, und so blieb für das Klarinettenspiel weniger Zeit. Ab dem Ende der 70er Jahre aber – danach auch beeinflusst durch den Free Jazz eines Cecil Taylor und John Carter – mischte er wieder mit. Mit eigenen Bands („Zaviot Quartet“) und auf Touren durch Europa und USA (u.a. mit Jim Pepper und Christoph Spendel). Rubin hat zeit seines Lebens persönliche, gesellschaftliche und musikalische Freiheit eng miteinander verknüpft. Bob Meyer (geb. 1945) gehört zu Amerikas gesuchten Schlagzeugern, der von Joe Lovano und Ed Schuller bis Rick Margitza und John Abercrombie – mit dem er aktuell ein Quartett formt (mit Adam Kolker und Johannes Weidenmuller). Sein Timing und seine Sensibilität geben „Ritual Fire“ ein stabiles Fundament. Ken Filiano am Bass (Jahrgang 1952) gehört bis heute zu den innovativsten und virtuosesten Musikern seines Fachs, seine Mitarbeit wurde schon von zahlreichen Kollegen (Bobby Bradford, John Carter, Frank London, Giora Feidman…) hoch geschätzt. Seine Offenheit für neue Erfahrungen scheint unbegrenzt, und auch in Alon Nechushtan´s Trio sorgt er immer wieder glanzvolle Momente.