Music for Audiobooks (Musik für Hörbücher) - so der Titel einer neuen Reihe, die Double Moon Records in Zusammenarbeit mit dem WDR herausgibt. Nicht nur in Deutschland steigt die Popularität von Hörbüchern kontinuierlich an. Literaturliebhaber genießen die Möglichkeit, sich zu jeder Zeit und an jedem Ort ihre Lieblingsbücher vorlesen zu lassen. Aber was wären die Hörbucher, wenn sie lediglich den Text ablesen würden - zur Dramaturgie gehört nicht nur der Einsatz von Geräuschen, sondern auch der von Musik, die die emotionalen Inhalte jenseits der Buchstaben transportiert. Der Start dieser Reihe ist gleich einem ganz besonderen Werk gewidmet: dem Roman Rot ist mein Name des aktuellen Literatur-Nobelpreisträgers Orhan Pamuk, der als Hörbuch im Hörverlag (als Buch im Verlag Hanser) erschienen ist. Claudio Puntin erhielt den Auftrag, für dieses Hörbuch die Musik zu komponieren und auch die Musiker zu selektieren, die die Kompositionen in seinem Sinne einzuspielen in der Lage sind. Insgesamt 100 Musikteile mit einer Gesamtdauer von weit über 100 Minuten sind entstanden, 23 von ihnen wurden sowohl für das Hörbuch als auch für diese CD ausgewählt. Während aber in dem Hörbuch Titel teilweise ausgeblendet werden oder als Hintergrundmusik erklingen, hört man sie auf diesem Hörbuch-Soundtrack - wie dies auch bei Film-Soundtracks der Fall ist - in voller Länge. Rot handelt vom Aufeinandertreffen großer Kulturen der Malerei und ihres religiösen Umfeldes und spielt vor einem halben Jahrtausend in Istanbul. Claudio Puntin ging es bei den Kompositionen nicht um die pure Adaption traditioneller Musik. Angesichts der Tatsache, dass die Thematik in dem Roman nach wie vor hochaktuelle Bezüge hat, verwebt auch Puntin aktuelle, westliche Kompositionstechniken mit nahöstlicher, islamischer Volksmusik. Alle am Projekt beteiligten Musiker zeichnet aus, dass sie nicht nur hervorragende Instrumentalisten sind, sondern ebenso kompositorisch wirken und große Improvisatoren sind. So beschäftigt sich der Bassist Peter Herbert schon seit vielen Jahren mit der östlichen Musikkultur und bereist die arabischen Länder regelmäßig auf Konzertreisen. Der Kurde Taner Akyol spielt die türkische Langhalslaute Baglama, Marcio Doctor eine Vielzahl von Rahmentrommeln und Taraboukas, während Gerdur Gunnarsdottir neben Violine und Viola auch auf zwei Titeln ihre Stimme einsetzt. All dies wird von dem Klarinettisten Claudio Puntin mit teilweise notierten, teilweise improvisierten östlichen Melodielinien umrahmt. Diese Aufnahme könnte den Beginn einer neuen Kunstgattung markieren: so wie Soundtracks für Filme seit Jahrzehnten einen ganz besonderen Stellenwert innerhalb des musikalischen Schaffens einnehmen, werden Soundtracks für Hörbücher mit ihren ganz spezifischen - durch das Fehlen des Visuellen ausgelösten - Herausforderungen eine hervorgehobene Rolle in der Entwicklung von Musik im allgemeinen einnehmen können. Die Musik wurde bereits nominiert zum Deutschen Hörbuchpreis 2007!