Wenn fünf Personen gleichzeitig von Stein zu Stein einen Fluß überqueren wollen ohne naß zu werden, dürfen sie sich erst am anderen Ufer treffen - diese Überlegung, diese Grundthese bietet das gedankliche Gerüst für die vorliegenden dreizehn Kompositionen. Sie dokumentieren einen großen Teil des musikalischen Schaffens von Peter Kleindienst, dem Initiator und Kopf des Ensembles für Zeitgenössische Improvisierte Musik, besser bekannt unter dem Namen zeitwärts. Die Suche nach neuen musikalischen Formen stand im Vordergrund für reime vor pisin, der Reiz besteht nicht im einheitlichen Miteinander, sondern vielmehr im Ausdruck gleichzeitiger Bewegung von musikalisch unterschiedlichen energetischen Prozessen. Daß auf dem Weg zum anderen Ufer die Steine nicht nebeneinander in regelmäßigem Abstand und Folge liegen, versteht sich. Mit der Motivation, improvisierte Musik jenseits der üblichen Klischees auf die Bühne zu bringen, gründete der Freiburger Gitarrist Peter Kleindienst 1990 das Trio zeitwärts. reime vor pisin ist nun das Resultat einer langjährigen musikalischen Entwicklung dieses Ensembles, in der nach und nach immer mehr Konventionen gebrochen wurden. Die Stücke M IV, M V und M VI könnte man als kurze Klangbilder beschreiben. Overdrive, Move, Gitma und Searching For The A.M. haben offene Formen, in den Einzelstimmen treffen unterschiedliche energetische Verläufe aufeinander. Improvisationen, polyrhythmische und polymetrische Strukturen sorgen für extrem unterschiedliche Stimmungsbilder der einzelnen Instrumente, vorbildlich vorgeführt durch die sechs unterschiedlichen Gitarren, die auf diesem Album zu hören sind. So wie in den Kompositionen kontrastierende musikalische Elemente gegenübergestellt werden, kann auch vom gesamten Programm nicht von einer musikalischen Sprache im traditionellen Sinne gesprochen werden. Energie musikalisch sinngemäß zu verteilen ist die Vorgabe, der sich die fünf Musiker von zeitwärts improvisatorisch stellen - und diese Musiker zeugen von außerordentlicher Musikalität. Allen voran Leader, Komponist, Arrangeur und Bandgründer Peter Kleindienst, der seit Jahren vor allem in der improvisierten Musik führend ist. Beachtenswert seine New Jazzband Up art I.G. und seine vielen Kompositionen für diverse Jazz- und Kammermusik-Ensembles. Die Bläser Matthias Stich (Baßklarinette, Sopranino- und Altsaxophon) und Mike Schweizer (Sopranino-, Sopran- und Tenorsaxophon), beide in der Deutschen Jazzszene bekannt, haben große Erfahrung im Bereich der Neuen Musik, wobei Schweizer mit seiner Musik sich mehr mit anderen Kunstformen wie Tanztheater, Malerei, Kabarett, Lesungen usw. auseinandersetzt. Matthias Stich beeindruckte durch seine regelmäßige Konzerttätigkeit mit dem Ensemble Modern und erweiterte sein Können in diversen Stilrichtungen wie Latin, Bebop und Big Band. Christian Dierstein studierte in Paris und später in Freiburg, spielt in zahlreichen angesehenen Ensembles wie das Ensemble Recherche, und wirkte bei unzähligen Rundfunk- und Plattenaufnahmen mit. Er ist in der Neue Musik-Szene der derzeit wohl gefragteste Perkussionist Europas. Bassist Florian Döling ist u.a. Dozent am Straßburger Konservatorium, beliebt als Komponist und als Sidemqn. In jüngster Zeit erhielt er beste Kritiken für sein Solo-Album Morning Sun, mit dem er sich bei einem breiten Publikum hohes Ansehen verdiente.